E-Commerce-Trends im OMR-Check: Top oder Flop? E-Commerce Trends auf dem Prüfstand

Die Digitalbranche ist so schnelllebig, dass es Marketing- und Handels-Profis oft schwerfällt, alle Trends im Blick zu behalten. Was ist nur ein kurzlebiger Hype ...
Aktualisiert am Dezember 30, 2020

Die Digitalbranche ist so schnelllebig, dass es Marketing- und Handels-Profis oft schwerfällt, alle Trends im Blick zu behalten. Was ist nur ein kurzlebiger Hype und was die Zukunft? Für Orientierung sorgen Branchen-Trendbarometer wie das Online Marketing Rockstars Festival. Das Team um Philipp Westermeyer holte auch dieses Jahr die heißesten Trends auf seine Bühnen – und für den Realitätscheck im E-Commerce haben wir gesorgt. Gemeinsam mit Arthur Mai, CMO bei Idealo, und Marvin Liebner, Manager Customer Marketing bei QVC, haben Georg Sobczak, Managing Director DACH, und Corinna Hohenleitner, Industry Director Retail, in der Criteo Masterclass die Top-Trends und größten Flops der vergangenen Jahre betrachtet und einen Ausblick auf die Innovationstreiber im Online-Handel geworfen.

Davon könnt ihr lernen – die drei Flops

An manche Trends haben wir Marketer sehr hohe Erwartungen gesetzt, im Laufe der letzten Jahre blieben sie jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die gute Nachricht: Ob ihr in einen dieser Trends privat oder mit Marketing-Budget investiert habt, oder diese drei ehemaligen Trends in Zukunft vermissen werdet, ganz verschwinden werden sie nicht. Das könnt ihr aus den E-Commerce-Flops lernen:

  1. Amazon Dash Button als Prototyp: Bunt, direkt am Moment-of-Need und eine 1-Click-Shopping-Lösung – Amazon’s Dash Button hat uns alle beeindruckt. Die Idee eines Bestellknopfs in der Wohnung klang so cool, dass Marken wie Gillette und Heineken in einen eigenen Button investierten. 2018 beendete Amazon das Experiment leider, nachdem das Landesgericht München den kleinen Knopf für intransparent und die Bestellungen für rechtswidrig erklärte. Amazon profitiert dennoch davon: Amazons 1-Click-Buy erlaubt Kunden einen so schnellen Kauf wie kaum ein anderes Angebot. Und mit Alexa hat der Retailer quasi einen virtuellen, sprachgesteuerten Dash-Button geschaffen. Der Knopf war vielleicht nur der Prototyp.
  2. Google+ als Test: Als Google sein Social Network 2011 an den Start brachte, wollte jeder aus der Marketing-Welt als einer der ersten zum exklusiven Club der Google+-Nutzer zählen. 2015 erreichte das Social Network sein Hoch und vernetzte 500 Millionen Menschen, im April 2019 stellte Google den Dienst jedoch ein. Das Wachstum von Google+ stagnierte, hinzu kam Kritik um ein Datenleck. Spannend war die Art der Vernetzung auf Google+: Man fügte andere Leute spezifischen Circles zu und konnte mit diesen später individuelle News austauschen. Dieser Grad der Micro-Gruppen-Dynamik zeichnet heute auch andere Networks wie Snapchat aus.
  3. Virtual Reality als Wegbereiter: Komplett in eine andere Welt einzutauchen a la „Ready Player One“? Anfang des Jahrzehnts schien es so wahrscheinlich, dass Facebook sogar in das VR-Brillen-Startup Oculus Rift 2019 scheint VR ein Nischenprodukt zu sein, dass vor allem Gamer und Jugendliche begeistert. VR-Dienstleister sehen diese Gruppen derweil auch schon als Kernmarkt, während der technologische Bruder Augmented Reality vom Hype um die virtuellen Anwendungen befeuert wurde. Gadgets und Technologien im AR-Bereich haben weiterhin das Potenzial, sich in der Breite sowohl privat als auch im Business-Kontext durchzusetzen.

Das solltet ihr verstehen – die sieben Tops

Manche umstrittenen Trends haben sich aber auch durchgesetzt – weil sie für Konsument und Händler gleichermaßen einen Mehrwert bieten. Bei unseren sieben Trends stimmten auch die Marketing-Pros Marvin Liebner und Arthur Mai zu und teilten Tipps von QVC und Idealo. Für diese Tops braucht auch ihr eine Strategie.

  1. Voice: Auf Sprachsteuerung reagierten die Kunden zunächst skeptisch. Je mehr Voice jedoch Alltagshandlungen wie eine kurze Suche, Navigation oder Bestellung erleichtert, desto besser kommt die Anwendung an. In Deutschland sind derzeit rund 17 Prozent aller Suchanfragen sprachgesteuert und mehr als die Hälfte der Kunden würde Consumer Electronics, Lebensmittel oder auch Produkte für Hobby und Freizeit per Sprachanweisung kaufen. Arthur Mai meint: „Da der Handel vor allem an Amazons Alexa geknüpft ist, müssen Marken sich damit befassen, wie sie mit diesen geschlossenen Ökosystem arbeiten wollen. Bei Google und Apple ist das nicht so problematisch.“ QVC plant gerade seinen Amazon Skill für Produkt-Highlights und kann sich vorstellen, auch sprachgesteuerte Bestellungen, ganz ohne Call-Center, zu ermöglichen.
  2. Native Apps: Höhere Conversion-Raten, größere Warenkörbe – native Apps können für Händler einen echten Sales-Push bedeuten. Wie ihr eure Kunden zu wiederkehrenden App-Usern wandelt, erklären wir euch deshalb in diesem Blogpost. Der Schlüssel für eine erfolgreiche App ist der Nutzen für den Kunden, meinen die Experten einstimmig: H&M beispielsweise schaffte es mit seiner App unter die Top-Downloads. Der Retailer verteilte über den App-Club Rabatte, promotete das Programm am POS und bot neue Features wie visuelle Suche oder Instore-Shopping-Hilfen. QVC, so Marvin Liebner, wurde kürzlich vom Focus sogar zur nutzerfreundlichsten App gekürt. „Wir setzen auf einen 1:1-Verkauf am Second Screen. In der App erhält der Kunde weitere Informationen, Videos und kann mit zwei Klicks ordern.“
  3. Videowerbung: Video ist dann auch der dritte Trend der Expertenrunde. eMarketer korrigierte seine Prognose für Video-Marketing sogar kürzlich nach oben, auf 46.046 Millionen Euro für 2023. Während QVC-Manager Liebner noch die richtigen Performance-KPIs für Video-Adspend fehlen, setzt Idealo seit letztem Jahr darauf. Arthur Mai: „In den Social Media catcht mich das gar nicht, auf Publisher-Seiten hingegen bin ich viel eher bereit, ein Video zu schauen.“ Gerade bei den nachwachsenden Zielgruppen hält er Video-Werbung für essenziell.
  4. Brand-Retailer-Kollaborationen: Was früher rein vertrieblich war, wandelte sich zuletzt zu echten Partnerschaften zwischen Marken und Retailern. So knackte Amazon in diesem Jahr dank Retail Media, performanter Werbung in Online-Stores, die zehn Milliarden an Advertising-Erlösen. Und About You und Nike arbeiteten für eine exklusive Modestrecke erfolgreich mit Influencer-Model Stefanie Giesinger zusammen. Auch QVC macht sehr gute Erfahrungen mit Marken-Kollaborationen. Mit der Beauty-Marke SBC hat der TV-Sender eine ganze Erlebniswelt aus TV-Produktion, Corporate Beauty Blog und Tests kreiert. Liebner meint jedoch: „Bei Retail Media sind wir noch nicht.“
  5. Omnichannel-Marketing: Über welche Touchpoints – on- und offline – habt ihr zuletzt gekauft? Die meisten dürften sich daran nicht erinnern, denn für Kunden spielt der Kanal oft keine Rolle. Sie wählen den Weg des größten Erfolgs, um an Informationen, Angebote und das beste Produkt zu kommen. Marken müssen dem mit Omnichannel-Strategien gerecht werden. Besonders beeindruckt zeigten sich die OMR-Experten von dem Ansatz von Bonprix. Die Otto-Tochter macht derzeit mit ihrem ersten Omnichannel-Store Furore, in dem Shopper Kleider scannen und sich in eine Umkleide liefern lassen, in der Wartezeit einen Cappuccino trinken, Größen digital nachordern und sogar komplett digital bezahlen können. Derweil testet idealo mit der deutschen Post, wie sich hyperlokales Targeting in klassischen Post-Mailings einsetzen lässt. Umso aufmerksamer betrachtet Arthur Mai momentan andere Aktionen: „Neulich habe ich einen richtigen Öffnungsraten-Optimierer für Post-Mailings gesehen. Der Retailer hatte einen Cent in das Adressfenster geklebt – das habe ich natürlich geöffnet und mich dadurch länger mit dem Mailing befasst.“

Personalisierung: Wer möchte sich nicht von seinen Love-Brands verstanden fühlen? Individuelle Shopping-Erlebnisse holen den Konsumenten besser ab, wie beispielsweise das Angebot von DefShop zeigt. Der Retailer kann mit Odoscope seine Sneaker-Angebote basierend auf dem Herkunftskanal des Users, Uhrzeit und Wochentag individuell gestalten. Während Idealo bereits eine Recommendation Engine auf seinen Seiten einsetzt und – ganz subtil um nicht intrusive zu sein – personalisiert, sei QVC noch in der Blueprint-Phase, so Marvin Liebner. „Daran hängen sehr viele Fragen, die wir erst beantworten wollen. Welche Anbieter passen zu uns, wie harmoniert das mit unserem Shopsystem, was können unser Tech- und Content-Team auch wirklich leisten?“

Artificial Intelligence: Der letzte Trend, Artificial Intelligence, ist geradezu ein Metatrend. Er greift in jeden der vorher genannten Bereiche, bei der Personalisierung genauso wie in der Omnichannel-Ansprache. KI erleichtert künftig die semantische Aussteuerung von Videowerbung und ist die Basis guter Voice-Assistenten. Auch Criteo selbst setzt seit unserer Gründung auf KI-gestützte Lösungen. Zur Analyse beispielsweise auf unseren Shopper Graph, ebenso aber auch in der Auslieferung unserer Ads oder bei der Dynamic Creative Optimisation von Werbemitteln. Auch der Rest der OMR-Panel zeigt: KI ist „too big to fail“. Wenn ihr nur eines aus unserer Masterclass mitnehmt, dann das.